Scheidungswillige Paare sind sich oft nicht bewusst, dass der Noch-Ehepartner trotz Trennung nach wie vor Erbe gemäß der Erbfolge ist. Während der Trennungszeit, solange die Voraussetzungen für eine Scheidung nicht erfüllt sind und kein Scheidungsantrag eingereicht oder dem Scheidungsantrag des Ehepartners zugestimmt wurde, können beide Partner Miterbe oder sogar Alleinerbe des anderen werden. Bereits Getrennte sollten daher wissen, wie sie ihr Testament bei Trennung und Scheidung gestalten können.
Notarielle Widerrufserklärung
Bei einem gemeinschaftlichen Testament oder Erbvertrag ist der einseitige Widerruf nur möglich, wenn der Ehegatte beim Notar eine notarielle Widerrufserklärung abgibt. Zudem muss der Erbvertrag eine solche einseitige Widerrufserklärung vorsehen. Erst wenn dem anderen Ehepartner eine Ausfertigung davon zugestellt worden ist, werden die Dokumente unwirksam. Die Eheleute können dann ein einseitiges Testament errichten. Möglich ist auch, das gemeinschaftliche Testament oder den Erbvertrag gemeinsam zu widerrufen. Eine einseitige notarielle Widerrufserklärung ist dann nicht mehr notwendig.
Achtung: Pflichtteilsansprüche
Pflichtteilsansprüche können während der Trennungsphase in der Regel jedoch nicht einseitig ausgeschlossen werden. Diese Ansprüche entfallen erst, sobald die Voraussetzungen für eine Scheidung vorliegen. Ein Entzug ist allenfalls dann möglich, wenn zum Beispiel der unterhaltspflichtige Ehegatte seine Unterhaltspflicht böswillig verletzt hat. Eine solche Einschränkung muss im Testament aber begründet werden. Der Pflichtteilsanspruch beläuft sich auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteiles. Beim gesetzlichen Stand der Zugewinngemeinschaft und bei gemeinsamen Kindern berechnet sich der Pflichtteil auf ein Achtel des Nettonachlasses. Wenn die Eheleute trotz der Trennung noch miteinander sprechen und sich einig sind, können sie in notarieller Form auch gemeinsam eine Erb- und Pflichtteilsverzichtserklärung abgeben.
Sicher ist sicher – Widerruf trotz Scheidung
Wer kein Risiko eingehen möchte, sollte das Testament auch nach der Scheidung widerrufen oder eine gemeinsame schriftliche Erklärung anfertigen. Denn nach der Rechtsprechung ist es durchaus möglich, dass bei Testamenten ein sogenannter Fortgeltungswille angenommen wird. Das kann zur Folge haben, dass ein gemeinschaftliches Testament trotz rechtskräftiger Ehescheidung weiterhin gültig ist.
In alle Richtungen absichern
Zu ungewollten Überraschungen kann es trotz Scheidung allerdings auch dann kommen, wenn die Ehepartner ein gemeinsames Kind haben. Falls das Kind im Testament zum Alleinerben erklärt wurde, wird dem geschiedenen Ehepartner unter Umständen ein indirektes Erbrecht zuteil: Sollte das Kind, das noch keine eigenen Kinder hat, erben und anschließend selbst versterben, wird der andere Elternteil in der Regel über diesen „Umweg“ Alleinerbe. Das ist häufig nicht gewollt und mit einem sogenannten Geschiedenentestament vermeidbar: Zwar wird das Kind als Erbe eingesetzt, dies wird jedoch zugleich mit einer Vor- oder Nacherbschaft oder einem Herausgabevermächtnis verbunden. Diese Regelungen sollten unbedingt über die rechtskräftige Ehescheidung hinaus gelten.
Lassen Sie sich bei Bedarf von uns zu diesem Thema beraten oder finden Sie unter www.notar.de einen Ansprechpartner in Ihrer Nähe.
Quelle: ratgeber-notar.de